-Dietrich Harhues-SENDEN. Diese Schlagzeile schlägt manchem Super-Schüler aufs Gemüt: „Das geschenkte Einser-Abi“ titelte gestern der Mantelteil unser Zeitung. Also, wer mit tollen Leistungen glänzt, hat diese womöglich quasi nachgeworfen bekommen – könnte die zugespitzte Überschrift interpretiert werden. Frank Wittig, Direktor des Joseph-Haydn-Gymnasiums, weist diese Einschätzung, geäußert vom Deutschen Philologenverband, für seine Schule jedenfalls vehement zurück: „Diejenigen, die mit einem Einser-Abi vom JHG gehen, sind auch richtig gut.“
Die Debatte sei weder neu noch frei von Interessen, ergänzt der Schulleiter. Der die Position des Philologenverbandes, als eher konservative Lehrer-Organisation, kennt. Dahinter stünden unterschiedliche Bildungsansätze – nämlich die Frage, ob mehr Wissen oder mehr Kompetenzorientierung in den Schulen vermittelt werden solle. Wittig plädiert bei dieser Frage für die „vernünftige Mitte“, denn sowohl Inhalte als auch Werkzeuge seien in einer modernen Wissensgesellschaft wichtig.
Der Direktor des Sendener Gymnasiums findet nicht, dass der Bildungskanon rauf und runter gebetet werden müsse. Doch ein bisschen mehr Klassiker wie Faust und Co. dürften es schon sein, so seine Einschätzung.
Mit dem Schwenk zurück zu G9 biete sich zumindest die „Chance“, eine angemessene Balance zwischen Faktenwissen auf der einen sowie den Tools und Methoden auf der anderen Seite zu erreichen. Wittig räumt ein, dass es für Schule eine „Herausforderung darstellt“, beispielsweise in einem Fach wie Geschichte zwischen punktuellen tieferen Kenntnissen der Schüler den roten Faden eines Gesamtzusammenhanges zu knüpfen.
Dass die Schüler für ihre Leistungen mit besseren Noten belohnt werden, als es in seiner Schulzeit der Fall war, diesen generellen Eindruck könne man tatsächlich gewinnen, resümiert der Direktor. Eine hohe Punktzahl bekämen die Schüler am JHG „aber nicht hinterhergeworfen“. Auch dort sei in der Vergangenheit der Trend festzustellen gewesen, dass sich der Abi-Schnitt verbessert. „Das ist aber keine Inflation“, betont Wittig. Vielmehr stünde dem ein entsprechendes Level der Leistungen gegenüber. Die Gefahr, dass sich Schüler am JHG aufgrund ihrer Noten selbst überschätzen und dann in Studium oder Beruf desillusioniert werden, sieht der Pädagoge nicht. Im Gegenteil, Rückmeldungen von Absolventen ließen den Schluss zu, dass die Sendener gut vorbereitet ihren Weg gehen. Dass die Berufsorientierung dennoch mitunter Probleme aufwerfe, liege nicht an einem Mangel an Informationen und Angeboten, sondern daran, dass G8-Absolventen noch relativ jung seien. Sie brauchten deshalb mit dem Abi-Zeugnis in der Hand oftmals noch Zeit und Reife, um das richtige Berufsziel anzusteuern.