SENDEN. Das Format gleicht eher einer Talkshow als TikTok. Insofern kommt die Wahlarena im Zeitalter von flimmernden Polit-Häppchen im Sekundentakt ziemlich „oldschool“ daher. Und dann auch noch mit einer Länge, die etablierte Medien ihren Zuschauern selten zumuten. Doch die Schülerinnen und Schüler ab der Klasse 9 der weiterführenden Schulen in Senden waren ja auch nicht bloß Publikum, sondern hatten sich im Unterricht vorbereitet und konnten Fragen an die politischen Akteure in der Arena stellen. Dort waren die wichtigsten Parteien auf dem Podium vertreten.
Dass es viel Einsatz und Zeit kostete, bis die „Show“ in der Steverhalle beginnen konnte, hob Frank Wittig hervor. Der Schulleiter des Joseph-Haydn-Gymnasiums dankte den Fachschaften des JHG, der Geschwister-Scholl-Realschule und der Edith-Stein-Hauptschule für ihr Engagement. Und er wollte auch den „Stolz ausdrücken“, dass die nunmehr dritte Wahlarena inzwischen zum festen Bestandteil des Schulparks Senden geworden ist. Als Veranstaltung, die in dieser Form einmalig im Kreis Coesfeld sei, wie Wittig ergänzte. Seine Hoffnung, „dass ihr euch engagiert einbringt“, wurde erfüllt.
Denn die Schülerinnen und Schüler kamen motiviert und hörten bis zuletzt konzentriert zu. „Ich hab' schon Bock“, betonte Marlie, Zehntklässlerin vom JHG, am Anfang der Fragerunde. Dass es interessant werden würde, war nach den Eindrücken der Arena vor der Europawahl ihre feste Erwartung, wie sie unserer Redaktion schildert.
Enttäuscht wurde sie nicht. Denn die Parteienvertreter rammten nicht nur inhaltlich Pfosten ein, sondern performten auch unterschiedlich darin, als Person zu wirken und das Publikum abzuholen. Dass dabei manchmal „um den heißen Brei herumgeredet“ wurde, fiel den Schülern auf. Moderator Philipp Böckmann absolvierte die Gratwanderung, viele Kandidaten bei vielen Fragen zu Wort kommen lassen zu müssen. Bei ausweichenden Antworten noch mehr nachzufassen, das hätten sich aber Rayan und Kawa, Zehntklässler der Edith-Stein-Schule, gewünscht. Als „generell sehr gut“, bewerteten sie aber dennoch die Wahlarena.
Diese startete mit einem brisanten Thema – der Migration. Wie gewährleistet werden kann, das Asylverfahren „transparent und fair“ durchgeführt werden, lautete die Frage aus der Schülerschaft. Die Antworten reichten von „niemand soll abgewiesen werden, egal, warum er kommt“ (Sonja Crämer-Gembalczyk, Die Linke) bis zur totalen Abschottung der Grenzen, was Erwin Schwar (AfD) forderte. Er stritt auch den Fachkräftemangel ab, der mit Arbeitsmigration abgemildert werden könnte, was andere Parteien hervorhoben. Schwar rückte alle Geflüchteten in die Nähe von „Messerstechern und Vergewaltigern“, wie der erste Satz seiner Antwort offenbarte. Dass Migration gesteuert werden müsse, um das politische Asylrecht zu bewahren, war Konsens zwischen CDU, FDP, Grünen und SPD – aber mit unterschiedlichen Akzenten. Dass die Verfahren schneller und der Zugang zum Arbeitsmarkt offener werden sollen, einte diese Parteienvertreter ebenfalls.
Unterschiede wurden auch bei der Frage deutlich, wie die Ukraine unterstützt werden soll. AfD und Linke lehnen Waffenlieferungen ab. Alle anderen forderten, „Putin in die Schranken zu weisen“. Weitere Themen waren Wehrpflicht, Inflation, Klimaschutz und Mobilität.
Die Antworten fielen sachlich aus. Zum immer noch moderaten Schlagabtausch kam es nur zwischen Johannes Waldmann (SPD) und Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, aus Münster. Und Marc Henrichmann (CDU) watschte Erwin Schwar (AfD) mitunter verbal etwas ab.
Prof. Dr. Klaus Schubert, der die Arena als Politikwissenschaftler von der Uni Münster begleitete, prognostizierte, dass „der Wahlkampf aggressiver wird“. In der Steverhalle bewahrheitete sich das noch nicht. Spannend war es trotzdem: „Ich fand's toll“, sagte Marlie am Ende der Wahlarena.
Von Dietrich Harhues