ASCHEBERG. Ob Abitur oder Gesellenbrief – wer als junger Mensch in diesem Sommer den nächsten beruflichen Schritt getan hat, musste seine Prüfung unter den besonderen Corona-Regeln ablegen. Unter ihnen waren auch jene jungen Leute, die 2011 als erster Profilschul-Jahrgang in Ascheberg für ab dann sechs Jahre eine neue Schulform kennengelernt haben.
„Ich würde den Weg noch einmal genauso gehen“, sagt Finn Risthaus. Zuerst in Ascheberg bleiben und die kurzen Wege als wohltuend empfinden, dann zu einer weiterführenden Schule wechseln. Den Schritt von der Profilschule zum Joseph-Haydn-Gymnasium in Senden hat Oberstufenkoordinator Gisbert Bücker vom Kennenlernen in Ascheberg bis zum Abitur begleitet. „Wir sind sehr gut unterstützt worden. Er war immer ansprechbar“, sieht Risthaus sich und andere Wechsler nicht allein gelassen. Im Unterricht selbst war es am JHG von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich. Positiv findet Risthaus, dass bei Referaten und ihrem Vortrag der „Schwerpunkt Präsentieren“ aus Profilschulzeiten eine große Hilfe war. Ein zweites Plus aus der Zeit in Ascheberg kam am Ende wegen der Corona-Pandemie zum Tragen. Das selbstgesteuerte Lernen zahlte sich beim Home-Schooling aus: „Ich habe mir einen Plan erstellt, was gelernt werden muss“, berichtet Risthaus, der keine Mühe hatte, sich während dieser Phase zu motivieren: „Wir mussten in der Profilschule schon eigenverantwortlich lernen. Das war nicht neu.“ Dass sein Weg ein Jahr länger gedauert hat, als das direkte Wechsel nach Klasse vier zu einem Gymnasium empfindet, der Ascheberger nicht als Verlust: „Es war gut, wie es war. Bald spielt es mit dem Ende des G 8 auch keine Rolle mehr.“
Wie Risthaus zu den besten Abiturienten des JHG gehört, hat Anna Weiland an der Johann-Conrad-Schlaun-Gesamtschule Nordkirchen einen der besten Abschlüsse erzielt. „Anfangs war es etwas schwierig, weil wir nur wenige Profilschüler waren. Wir waren überall die Neuen“, blickt sie auf den Start am Schloss zurück und sagt zum Ende: „Alle sind durchgekommen.“ Auch sie hat das frühe Erlernen des Präsentierens als Gewinn empfunden: „Bei Referaten habe ich immer gute Noten bekommen.“ Es hätte gerne mehr Vorträge sein dürfen. In den Corona-Wochen hat auch sie das, was im Segel-Unterricht der Profilschule Alltag ist, schätzen gelernt: „Ich habe viel allein lernen müssen. Das hat gut geklappt.“
Und wie sieht es hinter den „Eins, Komma“-Schülern aus? Die WN haben Laurin Rüschenschmidt und Johannes Adamczyk während ihrer Profilschulzeit vom ersten Tag an begleitet. Beide haben ihr Abitur in der Tasche. Rüschenschmidt war am JHG erfolgreich, Adamczyk hat den Weg zum Hans-Böckler-Berufskolleg in Münster gewählt. Dort hat er eine etwas andere Schule kennengelernt, nicht so heterogen wie die Profilschule. Die Absolventen einte das Interesse an Technik. „Wir hatten eine Super-Klassengemeinschaft“, berichtet der Ascheberger. In Mathe hätte er gerne an seiner alten Schule mehr mitbekommen, aber auch so hat es für die Leistungskurse Mathe und Bautechnik gereicht. Der technisch ausgerichtete Berufskolleg ließ auch in Corona-Zeiten niemanden allein: „Wir haben viel gemeinsam online gelernt und uns gegenseitig motiviert.“ Mit der Hochschulreife in der Tasche wird Adamczyk das tun, was er von Beginn an geplant hatte: eine Lehre als Tischler antreten.
Mit dem Gesellenbrief hat Svenja Heubrock dieses Kapitel gerade abgeschlossen. Sie war das erste Mädchen, das 2011 zur neuen Profilschule angemeldet worden ist. Drei Jahre hat sie sich zur Friseurin ausbilden lassen. Anfangs, so die Aschebergerin, sei es ihr schwer gefallen, lockere Gespräche mit den Kunden zu führen. In Elkes Haarwerkstatt lernte sie aber nicht nur das, sondern auch den Umgang mit Kamm , Schere und Co.. Dass Corona mitten in die letzte Phase vor der Gesellinnenprüfung platzte, hat Heubrock zuerst erschreckt. Prüfungen wurden verlegt. Das Üben im Salon ging nicht mehr, weil der geschlossen war. Mehr und mehr habe sie aber gemerkt, gut vorbereitet worden zu sein. Deswegen ging sie im Juni auch selbstbewusst zu den Abschlussarbeiten, die sie bestand. Künftig arbeitet sie als Gesellin im Salon am Kirchplatz weiter. Und, ein Zeichen für die Selbstständigkeit: Die erste angemeldete Profilschülerin wohnt nicht mehr bei den Eltern. Mit dem zweiten Abschluss ist sie flügge geworden – ihre ehemaligen Mit-Profilschüler werden folgen.
Von Theo Heitbaum