SENDEN. Erneut fand am Joseph-Haydn-Gymnasium jetzt der „Welttag der Philosophie“ statt, dieses Jahr geprägt von aktuellen Kriegen, politischen Unruhen und unterschiedlichen Protesten. Jugendliche der Jahrgangsstufen 11 und 12 diskutierten intensiv über die angespannte Lage – und darüber, welche Meinungen in einer Demokratie zu weit gehen.
Der von der Unesco festgesetzte Aktionstag soll in jedem Jahr die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Philosophie und philosophische Fragen lenken. Letztere hatten es diesmal in sich: Dürfen Menschen in Deutschland die Verbrechen der Hamas relativieren, Israel eine Niederlage wünschen und das Kalifat fordern? Darf man hierzulande Gedanken dazu anstellen, die Freiheiten etwa von Homosexuellen einzuschränken und unliebsame Bücher zu verbieten? Es war politisches Glatteis, auf das sich die Oberstufenschüler begaben. Sie machten sich Gedanken darüber, was eine Demokratie an Meinungen – auch extremen – aushalten muss.
Das Herzstück der Veranstaltung war ein Vortrag von Prof. Dr. Christian Thein von der Universität Münster. Der Philosoph gab einen Crashkurs darin, wie in einer Demokratie Meinung gebildet wird. Thein ließ dabei immer wieder philosophische Größen zu Wort kommen, von Platon über Michel Foucault bis hin zu Jürgen Habermas. Schnell wurde klar, dass eine offene Gesellschaft alles andere als selbstverständlich ist und nur durch Debattenräume – philosophisch ausgedrückt „Diskurse“ – erhalten werden kann.
Doch genau in diesen läuft aktuell einiges schief. Thein machte dafür auch digitale Medien verantwortlich, in denen eben nicht das beste Argument gewinne, sondern vor allem derjenige, der besonders laut und dreist sei. Genau damit aber drohe unsere Gesellschaft zu verrohen, wenn keine Inhalte und Meinungen mehr ausgetauscht würden, sondern nur noch versucht werde, andere anzufeinden.
„Das Risiko liegt auf der Hand und ist dieser Tage auch in Deutschland sichtbar: dass eine so aufgeregte Stimmung auf die Straße schwappt und in Gewalt endet“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Schule. „Damit unsere Demokratie auch zukunftssicher ist, müssen wir diese Feindseligkeiten gezähmt bekommen. Nur so kehren wir zurück zu einem zivilisierten Diskurs. Und dazu gehört auch, darüber zu reden, wo im demokratischen Streit Grenzen sind und wer diese übertritt. Denen muss man nicht den Mund verbieten, braucht ihnen aber auch keine Bühne zu geben.“
Das war auch das Anliegen von Schulleiter Frank Wittig, der den Tag begleitete. Er plädierte dafür, dass Demokratie Haltung braucht und mutige Menschen, die sich für sie einsetzen – zum Beispiel als Botschafter für echte Wissenschaft in Zeiten, in denen immer mehr „unwissenschaftlicher Unfug“ verbreitet werde.
überarbeiteter Artikel der Fachschaft:
Philosophie in politisch unruhigen Zeiten
In der vergangenen Woche fand der „Welttag der Philosophie“ statt, der am Joseph-Haydn-Gymnasium mittlerweile Tradition hat. Vor dem Hintergrund aktueller politischer Debatten diskutierten Jugendliche der Jahrgangsstufen Q1 und Q2 darüber, welche Meinungen in einer Demokratie zu weit gehen.
„Wie weit reicht Meinungsfreiheit?“ Diese Frage stand vergangene Woche (am 16.11.) im Zentrum des „Welttags der Philosophie 2023“ am Joseph-Haydn-Gymnasium in Senden. Der von der UNESCO festgesetzte Aktionstag soll wie jedes Jahr die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Philosophie und philosophische Fragen lenken.
Grußworte gab es zu Beginn von Schulleiter Frank Wittig, der dafür warb, dass Demokratie Haltung und mutige Menschen braucht, die sich für sie einsetzen. In dieser Rolle sah er auch Lehrkräfte und Teilnehmenden des Welttages der Philosophie. Auch Bürgermeister Sebastian Täger war vor Ort und betonte, dass immer noch das Rathaus der beste Ort für Austausch und eine gelebte Demokratie ist.
Dann waren die Schülerinnen und Schüler an der Reihe, Antworten auf große philosophische Fragen zu suchen. Welche extremen Meinungen müssen eine Demokratie noch aushalten? Wie geht man mit Äußerungen um, die das Kalifat in Deutschland fordern oder das Einschränken von Freiheiten einzelner Menschengruppen? Ziemliches Glatteis, auf das sich die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe und des Kurses „Praktische Philosophie“ der 10. Klasse da begaben.
Prof. Dr. Michael Quante von der Universität Münster, der zusammen mit der Philosophiefachschaft den Welttag am Gymnasium jedes Jahr organisiert, hatte einen Experten aus der Wissenschaft eingeladen, dessen Vortrag im Bürgersaal das Herzstück der Veranstaltung war: Der Philosoph Prof. Dr. Christian Thein gab einen Crashkurs darin, wie Debattenräume in einer Demokratie aus philosophischer Sicht gestaltet werden sollten – und welche Gründe es gibt, sie zu beschränken. Thein ließ dabei immer wieder philosophische Größen zu Wort kommen, von Platon über Michel Foucault bis zu zu Jürgen Habermas. Es wurde klar, dass eine offene Gesellschaft alles andere als selbstverständlich ist. Etwa in digitalen Medien, wo Diskussionen besonders heftig aus dem Ruder laufen und Meinungen schnell auf Identitätsfragen reduziert werden.
Mit diesem Unterbau teilten sich die Schülerinnen und Schüler in Workshops auf, in denen sie angeregt mit den anwesenden Philosophen und Lehrkräften diskutieren. Die zukünftigen Abiturienten und Abiturientinnen des Oberstufen-Philosophiekurses präsentierten zu dem Thema auch Plakate, die sie im Unterreicht erarbeitet hatten – etwa darüber, wie man streiten soll oder wann Parteien sogar verboten werden können.
Aus Sicht der begeisterten Teilnehmer war es ein äußerst erfolgreicher Tag, der den Schülerinnen und Schülern neue Sichtweisen und einen Einblick in universitäre Lehre ermöglicht hat.